Agilität, Skalierung und Mitarbeiterzufriedenheit

Eine Betrachtung rund um die ScALeD-Prinzipien

Geschrieben von Andreas Schliep am 28.01.2014

Seit dem letzten Global Scrum Gathering habe ich zusammen mit einer Reihe von Scrumtrainern und -Experten an Prinzipien zur Skalierung von Agilität gearbeitet. Mittlerweile sind wir so weit, dass wir unsere Ergebnisse weitertragen möchten. In diesem Blogeintrag werde ich unsere Gedanken bezüglich der Mitarbeiterzufriedenheit näher betrachten.

In der Produktentwicklung stellen Mitarbeiter das größte Potenzial für Verbesserungen dar. Zufriedene Mitarbeiter sorgen für höhere Produktivität. Deshalb ist es wichtig, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit sicherstellt.

Was hat die Mitarbeiterzufriedenheit nun besonders mit der Skalierung agiler Vorgehensweisen zu tun? Die eigenen Mitarbeiter sollen sich natürlich wohl fühlen, ihr Leben und ihre Arbeit ausbalancieren, frustrierende und verschleissende Überstunden vermeiden - all das ist mithin wohlbekannt und in den Unternehmen fest verankert.

Schon - solange es nicht hart auf hart kommt:

  • die Offerte, die heute noch unbedingt heraus muss.
  • das Feature, ohne das wir nicht liefern können,
  • die Ausnahme, die wir aber nur dieses eine Mail eingehen.

Aber die Mitarbeiter werden doch automatisch zufriedener, wenn wir agile Prozesse einführen? Ja und Nein! Die mitarbeiterorientierten Prinzipien stellen einen wichtigen Stützpfeiler des Gebäudes von Lean und Agile dar. Eine formalistische Überschüttung mit “Agilität” macht Mitarbeiter nicht zufriedener - sondern die konstante Beschäftigung mit ihrer Zufriedenheit. Ein schönes Beispiel bietet der Happyness Index von Crisp. Welches Unternehmen traut sich schon, kontinuierlich die Glückseligkeit der eigenen Mitarbeiter zu ermitteln - und angemessen darauf zu reagieren? 

In den letzten Jahren haben ein paar extreme “Agilisten” eine interessante aber auch gefährliche Anschauung verbreitet und zum Einsatz gebracht: Wir brauchen von Anfang an die besten, motiviertesten Mitarbeiter für unsere agilen Vorhaben. Nur dann sind wir wirklich erfolgreich. Ja, es gab sogar Mitarbeiter-Castings in einigen Scrum-Implementierungen. Im Kern kann ich diesen Ansatz sogar nachvollziehen. Wer wünscht sich nicht das bestmögliche Team von kompetenten, beigeisterten, agilen Supermitarbeitern? Zu schade, dass die besten Leute bereits woanders arbeiten, und man sich mit den zweitbesten begnügen muss…

Nein, das führt auch nicht weiter. Die menschen-zentrierte Arbeit basiert auf der Energie, die aus den Unterschieden der einzelnen Teammitglieder und in der Organisation erwächst. Dazu gilt es, die Motivierten zu fördern, die Zaghaften herauszufordern und den Stillen zuzuhören. Damit jeder im Unternehmen seinen Anteil am Gesamtbild - der Vision - erkennt und gerne sein Bestes gibt.

In einigen Unternehmen finden derzeit parallel Initiativen zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit und Einführungen agiler Prozesse statt, deren Beteiligte oft kaum oder gar nicht miteinander zu tun haben. Dabei fördert Agilität die Zufriedenheit, Zufriedenheit fördert die Agilität. Die menschen-zentrierten Prinzipien der Mitarbeiterzufriedenheit sind kein Beiwerk, sondern fundamentaler Bestandteil der Skalierung von Agilität im Unternehmen.

Daher schlagen wir die folgenden Prinzipien als Eckpfeiler der agilen Skalierung vor:

Bevollmächtige und befähige die Mitarbeiter

Mitarbeiter brauchen nicht nur technische Fertigkeiten, sondern auch die Fähigkeit zum autonomen Arbeiten und gegenseitigen Führen. Nur dann können Teams die Freiheiten, die ihnen gegeben werden, auch sinnvoll zum Wohle der Organisation und des Kunden nutzen. Sie brauchen auch die Bevollmächtigung, eigenständig und selbstorganisiert zu arbeiten.

Bilde eigenständige, funktionsübergreifende Teams

Teams sind die effektivste Form zur Organisation komplexer Arbeit. Die Grundsätze der Interaktion von Individuen innerhalb eines Teams gelten auch auf der Ebene mehrerer Teams. Teams müssen in der Lage sein, sich untereinander eigenständig und ohne künstliche Hindernisse zu verständigen. Die Aufgabe des Unternehmens ist es, die dafür erforderlichen Ziele, Strukturen, Freiräume und Unterstützung bereitzustellen.

Noch mehr ScALeD Gedanken, diesmal zur globalen Optimierung, finden sich bei Markus Gärtner.

Andreas Schliep

Andreas „Andy“ Schliep

Andy ist einer der ersten deutschsprachigen Scrum-Trainer und ein Gründungsmitglied von DasScrumTeam. Nach seinem Studium an der Hochschule Bremerhaven begann Andreas seine Karriere zunächst als Softwareentwickler, später dann als Projektleiter, Teamleiter und schließlich als Bereichsleiter. Zu Scrum fand Andreas zwischen 2003 und 2004 durch seine damaligen Kollegen bei WEB.DE. Nach der Implementierung von Scrum bei WEB.DE wechselte Andreas im Jahr 2006 zu SPRiNT iT und entschied sich 2008, als Coach und Trainer selbstständig zu machen. Heute fokussiert er sich neben der Einführung von Scrum vor allem auf agile Führungskompetenzen und die nachhaltige Transformation von Organisationen. Als Co-Autor hat Andy an der Erstellung der Lernziele der Scrum Alliance für Scrum Master, Product Owner und Entwickler mitgewirkt.

Immer informiert mit dem DasScrumTeam Newsletter

Das Beste in Sachen Scrum. Einmal im Monat. Jeden Monat.