Interventionen mit der Hackman/Tuckman-Matrix einordnen und planen

Wähle die richtige Massnahme je nach Erfolgsfaktor und Verhalten

Geschrieben von Andreas Schliep am 22.09.2023
Hackman/Tuckman-Interventionsmatrix

“Effektive Teams liefern zur Zufriedenheit des Kunden…” - Richard Hackman, “Leading Teams”.

Scrum Master verbessern nicht nur die Produktivität eines Scrum Teams, sondern richten ihr Augenmerk auf die Effektivität, die Wirksamkeit des Scrum Teams als Teams. Wie Richard Hackman treffend zum Ausdruck bringt, dienen Teams nicht nur zur Erreichung der externen Ziele, sondern bezwecken auch die Optimierung der eigenen Arbeit sowie die Meisterschaft der Teammitglieder.

Als Scrum Master stehen uns viele Techniken und Maßnahmen zur Verfügung, um die Effektivität eines Teams zu steigern. Im Coaching nennen wir eine Maßnahme Intervention, quasi ein geplantes Eingreifen. Dabei ist das eigentliche Coaching, also der unterstützende Prozess für die persönliche oder professionelle Weiterentwicklung, nur eine Möglichkeit der Intervention. Als Scrum Master möchte ich die jeweils zur Situation passende Haltung und Methode auswählen. Das ist für neue Scrum Master allerdings nicht einfach. Richard Hackman bietet dazu einige Orientierungshilfen. Ein Kriterium für die Auswahl der passenden Intervention ist die Teamreife:

  • Den Prozess moderieren macht vor allem am Anfang der Teamentwicklung Sinn. Wir erwarten von den Teams aber, dass sie sich ab einem gewissen Zeitpunkt selbständig um ihre Zusammenarbeit kümmern.
  • Beratung und Coaching erfordern eine Vertrauensbasis, und auch gut verstandene Entwicklungsziele. Diese sind häufig erst gegeben, wenn Teams eine Weile bestehen.
  • Weiterführende Ausbildungen, wie zum Beispiel spezialisierte Entwickler-Kurse, zeigen die beste Wirkung, wenn die Grundlagen des Zusammenspiels im Team schon gefestigt sind.

Die fünf Faktoren für effektive Teams von Hackman verstehen

Hackman identifiziert fünf Faktoren für effektive Teams. Diese Faktoren begünstigen - oder behindern - im Zusammenspiel die Wirksamkeit des Teams:

  1. Eine mitreißende Zielrichtung: Vision und Ziele bieten eine Orientierung darüber, warum das Team welche Arbeit angeht.
  2. Ein echtes Team: Echte Teams arbeiten gemeinsam an der gemeinsamen Zielrichtung und übernehmen Verantwortung für ihren Fortschritt und den Arbeitsprozess.
  3. Befähigende Strukturen: Klare Regeln und Vereinbarungen wie die Definition of Done helfen unnötige Konflikte zu vermeiden und die Arbeit fokussiert voranzubringen.
  4. Ein unterstützender Management-Rahmen: Der Kontext des Teams muss für den erforderlichen Informationsaustausch, die benötigte Infrastruktur, die passende Ausbildung und ein geeignetes Belohnungssystem gesetzt werden.
  5. Experten-Coaching: Die Entwicklung des Teams, also die Stärkung der fünf Faktoren, wird durch entsprechend ausgebildete Moderatoren, Berater, Coaches, Trainer oder Mentoren unterstützt.

Im Folgenden macht eine weitere Unterscheidung der möglichen Interventionen je nach Teamreife Sinn, je nachdem mit welchem Faktor das wahrgenommene Verbesserungspotential in Verbindung steht.

Ein Verständnis für die Teamreife und das Teamverhalten entwickeln

Während sich die Arbeit von Hackman auf die Erfolgsfaktoren konzentriert, und die Teamreife im Wesentlichen nach der Dauer der Zusammenarbeit anlegt, bietet uns Tuckman mit seiner “Team-Uhr” eine weitere Betrachtungsweise. Auch wenn das Tuckman-Modell inzwischen eher umstritten ist, und die einzelnen Verhaltensmuster nicht als Phasen gesehen werden sollten, bietet das Modell trotzdem gut verwendbare Einordnungen dieser Muster:

  • Forming: In diesem Verhaltensmuster sind die Teammitglieder auf die anderen fokussiert. Im Vordergrund steht dasKennenlernen und die Orientierung. Die Teammitglieder sind noch zurückhaltend und vor allem mit sich selbst beschäftigt.
  • Storming: Hier stehen Konflikte im Vordergrund. Unterschiedliche Meinungen über die Arbeit, die Zusammenarbeit und die Ziele führen zu Auseinandersetzungen. Manchmal sind diese Konflikte offen, oft aber auch versteckt.
  • Norming: In diesem Stadium finden die Teammitglieder Regeln für die Zusammenarbeit. Sie entwickeln eine gemeinsame Arbeitsweise und ein geteiltes Verständnis für ihre Aufgaben und Ziele.
  • Performing: Hier arbeitet das Team effektiv zusammen. Die Teammitglieder unterstützen sich gegenseitig und teilen die Verantwortung für die Arbeit und die Ergebnisse.
  • Adjourning (oder auch "Mourning"): Dieses Verhaltensmuster tritt auf, wenn das Team sich auflöst. Die Teammitglieder blicken zurück auf ihre gemeinsame Zeit und die erzielten Ergebnisse. Sie nehmen Abschied und bereiten sich auf neue Aufgaben vor.

Die Interventionstechnik-Matrix: Interventionen je nach Teamreife/Verhalten planen

Mit einem Verständnis sowohl von Hackmans Faktoren für erfolgreiche Teams als auch von Tuckmans Phasenmodell können wir als Scrum Master eine Matrix erstellen, um je nach Teamreife und wahrgenommenem Verbesserungspotential die passende Intervention zu planen.

Intervention Matrix

Hier sind einige Beispiele für Interventionen, sortiert nach den fünf Faktoren von Hackman und den Phasen von Tuckman:

  • Forming:
    • Eine mitreißende Zielrichtung: Vision Workshop
    • Ein echtes Team: Teambuilding-Übungen
  • Storming:
    • Befähigende Strukturen: Konfliktmanagement-Training
    • Ein unterstützender Management-Rahmen: Mediation
  • Norming:
    • Eine mitreißende Zielrichtung: Ziel-Review
    • Befähigende Strukturen: Definition of Done-Workshop
  • Performing:
    • Ein echtes Team: Peer-Feedback-Runden
    • Experten-Coaching: Fortgeschrittenes Scrum-Training
  • Adjourning:
    • Eine mitreißende Zielrichtung: Retrospektive zum Projektabschluss
    • Ein echtes Team: Abschiedsfeier

Diese Matrix ist natürlich nur ein Anfang. Wir können sie erweitern und an die spezifischen Bedürfnisse unseres Teams anpassen. Das Wichtigste ist, dass wir als Scrum Master eine bewusste Entscheidung über unsere Interventionen treffen und diese auf die aktuelle Situation unseres Teams abstimmen. Es kommt nicht darauf an, alle Interventionen zu nutzen, sondern die richtigen auszuwählen.

Effektive Teams sind das Ergebnis sorgfältiger Arbeit und ständiger Anpassung. Als Scrum Master sind wir dafür verantwortlich, unser Team auf diesem Weg zu begleiten und zu unterstützen.

Andreas Schliep

Andreas „Andy“ Schliep

Andreas Schliep ist ein Gründungsmitglied von DasScrumTeam. Er arbeitet als Scrum Coach und Trainer. Nach seinem Besuch der Hochschule Bremerhaven arbeitete Andreas zunächst als Softwareentwickler, Projektleiter, Teamleiter und später auch Bereichsleiter. Zu Scrum kam Andreas 2003-2004 durch seine damaligen Kollegen bei WEB.DE. Nach der Scrum Implementierung dort wechselte Andreas 2006 zur SPRiNT iT und machte sich 2008 als Coach und Trainer selbständig. Heute liegen seine Schwerpunkte neben der Einführung von Scrum insbesondere bei der agilen Führung und der nachhaltigen Umgestaltung von Organisationen.

  • Erfahrung mit Scrum seit Frühjahr 2004 als Scrum Master, Product Owner, Teammitglied, Coach und Trainer.
  • Einführung von Scrum bei der WEB.DE AG und ComBOTS AG
  • Betreuung von international verteilten Scrum Teams bei BenQ-Siemens
  • Betreuung von Scrum Teams bei bwin Wien Unterstützung des Übergangs von RUP zu Scrum bei UOL Brasilien
  • Weitere Scrum-Implementierungen in D/A/CH
  • Aufbau von weiterführenden Scrum-Ausbildungsgängen mit einem firmenübergreifenden Team
  • Mitarbeit bei der Programmgestaltung und Ausbilder-Akkreditierung des Pfads zum Certified Scrum Professional
  • Hält alle Ausbilder-Zertifizierungen der Scrum Alliance
  • Besondere Interessen: Verantwortung und Führung

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