Meine persönliche Retrospective Facilitator Gathering – Retrospektive
Retrospective Facilitator Gathering 2019

Seit meinem ersten Besuch des Retrospective Facilitator Gatherings, dem Treffen der Moderatoren von Projekt- und agilen Retrospektiven, zieht es mich immer wieder zu dieser kleinen dynamischen Gemeinschaft. Die Gruppe von 2007 war schon magisch. Norm Kerth als Initiator der Retrospektiven-Bewegung für Consultants. Linda Rising mit ihrer Brillianz, Weisheit und Wärme. Diana Larsen mit ihrer unvergleichlichen Klarheit. Esther Derby mit ihrer unglaublichen Erfahrung und Professionalität. Die unvergessene Jean Tabaka. Es waren auch Männer anwesend, aber die Stimmung und Energie des Gatherings wurden für mich durch diese weiblichen Vorbilder geprägt. Klarsicht, Einsicht und Umsicht schliessen sich nicht gegenseitig aus. Und so kommt es, dass ich in den letzten 12 Jahren gerade einmal zwei Gatherings verpasst habe.
Das RFG 2019 war eigentlich nichts besonderes. Im Grunde genommen hätte es überhaupt nicht klappen dürfen. Die Anzeichen standen schlecht. Durch ein Kommunikationsproblem mit dem Hotel musste der Termin um einen Monat vorverlegt werden. Beinahe hätte ich terminlich gar nicht teilnehmen können. Das Organisationsteam, ja der Gastgeber, wechselten mehrfach. Die Vorbereitung des Open Spaces lief sehr dynamisch ab. Vor meinem Abflug nach Boston dachte ich mir, “das war es jetzt wohl”. Wie Norm Kerth schon am Anfang dieser Initiative 2002 gesagt hatte: Wenn sich keiner mehr finden würde, das nächste Gathering zu organisieren, würde es kein Gathering mehr geben. Und doch lief alles anders. In allen Belangen war dieses Gathering in der Nähe von Sheffield, Massachussets, eines der besten Gatherings an denen ich jemals teilgenommen hatte. Leider ging dadurch auch die Zeit so schnell vorbei, dass ich kaum angekommen gefühlt schon wieder im Auto nach Boston saß. Danke dafür an die alten Hasen und die Neueinsteiger. Denn wer immer auch gekommen war, waren genau die richtigen Menschen. Es fällt mir schwer, die Highlights des RFG 2019 hervorzuheben. Für mich war diese Woche ein einziges Highlight. Vielleicht kann ich ein bisschen klarer machen, was dieses RFG für mich ausmachte, durch ein paar Schnappschüsse.
Der Gang zum Wasserfall
Bereits 2017 hatten wir unser RFG an dem gleichen Ort, der Race Brook Lodge, veranstaltet. Damals hatte ich noch nicht meine Stunde Bewegung auf dem Plan. Als ein Teil der Gruppe zum Wasserfall hochlaufen wollte, war ich damals zu faul. In diesem Jahr war das anders - ich setzte den Gang als Session im Open Space an und machte mich mit einer Handvoll Leute auf den Weg. Der Race Brook Trail ist einer der Zuwege zum Appalachian Trail. Es geht teilweise moderat steil den Hang hinauf bis hin zu einem wundervollen kleinen Wasserfall. Dort gab es als Belohnung einen wundervollen Ausblick auf das Tal in den Berkshires. Bei wunderbarem Wetter gemeinsam durch den Wald gehen, sich kennenlernen und austauschen, war für mich eine sehr schöne Eröffnung der Woche.
S’Mores am Lagerfeuer
Ja ja die Amis. Nach unserem Abendessen am Montag in der nahegelegenen Stagecoach Tavern versammelten wir uns am Lagerfeuer und bereiteten S’Mores zu. S’More steht kurz für “some more” und beschreibt das Gefühl, was man zumindest nach den ersten Bissen dieser köstlichen Sünde empfindet. Geröstete Marshmallows auf Haferkeksen mit Hershey’s Schokolade sind vielleicht etwas viel Zucker auf einmal, aber wenn man mal damit angefangen hat, möchte man auch “s’more”. Diese Runde bot auch Gelegenheit zu langen intensiven Gesprächen mit alten und neuen Bekannten.
Agile Fluency und Retrospektiven
Agile Fluency ist immer wieder auch in unseren Kursen ein Thema. Wie “toll agil” muss ein Team eigentlich sein? Die Einteilung in vier Stufen der “Flüssigkeit” durch Diana Larsen und James Shore hilft bei dieser Konversation. Auf Agile Fluency gehe ich hier nicht weiter ein, dazu gibt es entsprechende Ressourcen im Netz. In dieser Session haben wir mit Diana Larsen darüber gesprochen, wie sich Themen, Techniken und Teilnehmer der Retrospektiven in den jeweiligen Stufen oder Fokusbereichen, verändern. Dabei kamen unter anderem auch Wardley Maps als Dialogtechnik für organisatorische Fragestellungen zur Sprache.
Nachhaltige Verankerung bei Führungskräften
An dieser Stelle konnte ich mal etwas schönes zur Diskussion einbringen, nämlich unsere Darstellung von Scrum als agile Führung. Darauf aufbauend haben wir diverse Ansätze zur Motivation, Herausforderung und Verankerung der agilen Denkweise und Praktiken bei Führungskräften diskutiert. Als besonders hilfreich erwies sich, Hackman’s “Leading Teams”-Modell mit den fünf Faktoren für effektive Teams als Grundmuster für die gesamte Organisation zu sehen.
Die Historie des RFG
Das Gathering ist ein Ableger des Consultant’s Retreat Networks von Norm Kerth. Bei dem ersten Treffen in Newport, Oregon, wurden die Grundzüge dieser kleinen Gemeinschaft gelegt. Was viele aber nicht wissen ist, dass das RFG tatsächlich nicht nur Konsument der neuesten Erkenntnisse zur Retrospektiven ist. Viele Formate, Ideen, Erkenntnisse sind durch die Darstellungen und Diskussionen auf dem RFG erst entstanden oder wurden geschärft. Somit stellt sich aber auch die Frage, wie man das Konzept des RFGs und die Bedeutung der Community für die Entwicklung der Retrospektiven in Zukunft besser betonen kann. Was mich zu meinem letzten Schnappschuss führt, der
Initiative Prinzip 12
Mit “Prinzip 12” meinen wir das zwölfte Prinzip des Manifests für Agile Softwareentwicklung. Natürlich: “In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es effektiver werden kann und passt sein Verhalten entsprechend an.”
Die Initiative zur Stärkung der Sichtbarkeit und Verbreitung effektiver Retrospektiven soll bei der Agile Alliance verankert werden. Die Agile Alliance bietet einigen dieser Community-Initiativen Raum und Unterstützung. Ein weiterer Schritt, um das Gefühl und die Wirkung des RFG zu verdeutlichen und zu verbreiten. Jetzt bin ich froh, ein paar ruhige Tage in Boston zu verbringen, bevor es mit neuer Energie zum Scrum Gathering Austin geht.

Andreas „Andy“ Schliep
Andreas Schliep ist ein Gründungsmitglied von DasScrumTeam. Er arbeitet als Scrum Coach und Trainer. Nach seinem Besuch der Hochschule Bremerhaven arbeitete Andreas zunächst als Softwareentwickler, Projektleiter, Teamleiter und später auch Bereichsleiter. Zu Scrum kam Andreas 2003-2004 durch seine damaligen Kollegen bei WEB.DE. Nach der Scrum Implementierung dort wechselte Andreas 2006 zur SPRiNT iT und machte sich 2008 als Coach und Trainer selbständig. Heute liegen seine Schwerpunkte neben der Einführung von Scrum insbesondere bei der agilen Führung und der nachhaltigen Umgestaltung von Organisationen.
- Erfahrung mit Scrum seit Frühjahr 2004 als Scrum Master, Product Owner, Teammitglied, Coach und Trainer.
- Einführung von Scrum bei der WEB.DE AG und ComBOTS AG
- Betreuung von international verteilten Scrum Teams bei BenQ-Siemens
- Betreuung von Scrum Teams bei bwin Wien Unterstützung des Übergangs von RUP zu Scrum bei UOL Brasilien
- Weitere Scrum-Implementierungen in D/A/CH
- Aufbau von weiterführenden Scrum-Ausbildungsgängen mit einem firmenübergreifenden Team
- Mitarbeit bei der Programmgestaltung und Ausbilder-Akkreditierung des Pfads zum Certified Scrum Professional
- Hält alle Ausbilder-Zertifizierungen der Scrum Alliance
- Besondere Interessen: Verantwortung und Führung
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